Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch  (Berthold Brecht)

 

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Radeberger Stadtgeschichte – Wahrheitsgetreue Erinnerungskultur in Gefahr?

Machtergreifung der Nationalsozialisten in Radeberg am 9. 3. 1933

Unverantwortlich: Autor übernimmt „originalgetreue Beiträge“ aus einer Radeberger Zeitung der NS-Zeit 1933 und veröffentlicht diese tendenziösen Inhalte von NS-Gedankengut als Wahrheit 2023 in der Heimatzeitung „die Radeberger“

Wer Erinnerungsarbeit betreibt, wer Arbeiten als Erinnerungskultur veröffentlicht, der hat bei einem solchen selbstgewählten Thema wie „Stadtgeschichtliche Anekdoten - Vor 90 Jahren – Bürgermeister nach Machtergreifung des Amtes enthoben“ die große Verpflichtung, die Verbrechen der Nationalsozialisten in Radeberg wahrheitsgetreu aufzuzeigen und selbst mitzudenken, denn die Erforschung von Ursachen und Auswirkungen sind notwendige Bestandteile jeder Erinnerungsarbeit. Da dies durch den Autor dieser Arbeit nicht erfolgte, ganz im Gegenteil, er gesteuerte Zeitungsinhalte der NS-Zeit von 1933 originalgetreu übernahm und 2023 als „Wahrheit“ verbreitete, kam es zu einem Disput mit mir als aufmerksamer Leserin, die durchaus berechtigt, wie sich nun herausstellte, öffentlich die Frage stellte: „Beruht diese Veröffentlichung auf Oberflächlichkeit oder Intuition?“

Lesen Sie selbst! Und entscheiden Sie selbst!

Denn die Gefahr der Verbreitung von NS-Gedankengut, von Falschdarstellungen oder Verharmlosungen, mit Lügen und unvollkommenen oder einfach unterschlagenen Aussagen ist immer noch allgegenwärtig. Auch das Weglassen von Fakten kann Absicht sein und birgt Gefahren für die Wahrheitsfindung!

Alle Diktaturen, wie auch das NS-System, begannen sich bisher immer ganz harmlos zu etablieren und wurden dadurch „salonfähig“, da sie zum einen immer sogenannte Steigbügelhalter für ihre Ideen fanden, die sie mit finanziellen Mitteln unterstützten und damit Machtpositionen an den wichtigen Schaltstellen eines Staates ermöglichten und sicherten. Zum anderen beruhte die Macht auf einer entstehenden Massenbewegung, die instrumentalisiert den zumeist menschenverachtenden Programmen zustimmte und diese voll unterstützte, da sie sich letztendlich von der neuen Herrschaft auch eigene Vorteile erhoffte. Des Weiteren wurde für die Durchsetzung der Ziele einer aufstrebenden Diktatur immer eine staatlich legitimierte Gewalt benötigt, mit deren uneingeschränkten Machtbefugnissen ein Terror gegen jegliche Opposition, gegen politische Gegner und sich organisierten Widerstand möglich wurde.

Aber, was für solche Diktaturen letztendlich unentbehrlich war und ist, dass sind in erster Linie die willigen Volksmassen, die, aus welchen Beweggründen auch immer – aus Unwissenheit, Gleichgültigkeit, Feigheit oder Angst – bewusste Lügen dulden und zulassen, die Wegschauen, gefährliche Warnzeichen verharmlosen und dadurch zu ungewollten Wegbereitern und Unterstützern für solche Systeme werden… Durch sie, durch ihr Schweigen und Dulden, wenn Lügen und Ungerechtigkeiten offenbar werden, durch ihr Wegsehen, auch beim Leid anderer, unterstützen und ermöglichen sie es, dass das immer gegenwärtige „Böse“ an die Macht gelangen kann und alles beherrscht.

Und dieses „Böse“ entwickelt sich entsprechend eines immerwährenden aktuellen Drehbuchs: Es nistet sich zuerst in einer Demokratie ganz harmlos an Schaltstellen der politischen und territorialen Macht an, beginnt Einfluss zu nehmen, ob in der großen Politik oder den unteren Ebenen in Rathäusern, Stadtparlamenten und Ämtern. Hier breitet es sich unerkannt und unbehelligt aus, fasst Fuß, wird aus dem Hintergrund parteilich gelenkt und unterstützt, ist dadurch in der Lage, in Form von „Geldwäsche“ Unterstützungen an Institutionen und Medien weiterzuleiten, dadurch Einfluss auf diese zu nehmen und  Abhängigkeiten bei Empfängern der „Spenden“ zu erreichen, die sich immer noch dünken, ihr Handeln sei frei und unabhängig, obwohl sie bereits Meinungsbilder der „Spender“ weiterverbreiten helfen und formulierte Ziele und Lügen weiterverbreiten.

„Der Schoß ist fruchtbar noch…“ – Berthold Brechts aufrüttelnde Warnung hat nichts an Aktualität eingebüßt, wenn man das ganze Zitat liest:

"Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt' einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."

Genauso geschah es vor genau 90 Jahren und begann damit, dass am 30. Januar 1933 der Reichspräsident Paul von Hindenburg das Bündnis mit Adolf Hitler einging, ihn zum Reichskanzler ernannte und er damit zum Wegbereiter des deutschen Faschismus wurde. Daraufhin setzte am 17. Februar 1933 der Terror mit Görings „Schießerlass“ ein, mit dem die preußische Polizei gegen politische Gegner vorgehen konnte, nur wenig später trat am 28. Februar 1933 die „Reichstagsbrandverordnung“ in Kraft, also gut vorbereitet bereits nur einen Tag später nach dem Reichstagsbrand  in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933. Damit wurden die verfassungsmäßigen Grundrechte der persönlichen Freiheit, der Meinungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt, und ein noch nie vorher dagewesener Terror gegen politische Gegner, gegen jüdische Mitbürger und Oppositionelle setzte ein. Mit Schutzhaft und Konzentrationslagern ging man auch gegen „Regimegegner“ vor, die in „Schutzhaft“ genommen und aus der NS „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen wurden.

Diese politischen Vorkommnisse und Übergriffe machten selbstverständlich auch vor unserer Heimatstadt Radeberg nicht halt, die als bedeutende Industriestadt eine durchweg fortschrittliche, selbstbewusste und auch gewerkschaftlich organisierte Arbeiterbewegung hatte, deren Arbeiterschaft bis zur Verabschiedung der „Reichstagsbrandverordnung“ in einer Vielzahl von Vereinen und Parteien organisiert war. In Vorbereitung der Reichstagswahlen am 5. März 1933 setzte auch in Radeberg ein massiver Terror der Nationalsozialisten durch Angehörige der SA und SS ein, die Medien waren bereits unter Zensur des NS-Systems. Schließlich eskalierte diese Situation mit der Besetzung des Radeberger Rathauses am 9. März 1933 durch Angehörige von SA und SS, die mit Waffengewalt die „Entfernung“ von Bürgermeistern und Beamten und die „Säuberung“ des Stadtrates vornahmen, dessen Abgeordnete entweder der SPD-Fraktion angehörten oder dem NS-Regime kritisch gegenüberstanden. Die „freigewordenen“ Stellen und Ämter wurden sofort mit NSDAP-Mitgliedern besetzt. Der damalige abgesetzte, seines Amtes enthobene SPD- Bürgermeister, Otto Uhlig, erhielt mit seiner Familie Stadtverbot und musste diese verlassen, wobei ihm auch noch jegliche lebensnotwendige finanzielle Absicherung und seine Ansprüche auf das ihm zustehende Altersruhegehalt entzogen wurden, ebenso verfuhr man mit dem SPD -Wohlfahrtsinspektor Paul Brückner und seiner Familie, der wenige Tage später verhaftet wurde und in Schutzhaft kam. Seine Familie wurde ebenfalls der Stadt verwiesen. Nur zwei Schicksale von vielen in Radeberg. Als am 23. März 1933 die NSDAP das „Ermächtigungsgesetz“ verabschiedete, im Verbund mit DNVP, Bayrischer Volkspartei und der Deutschen Staatspartei, war die Demokratie in Deutschland endgültig beendet, und für jegliche Willkür waren von nun an Tür und Tor geöffnet.

Das ist heute für uns alle Geschichte, und eigentlich möchte man das Kapitel der „Nationalsozialistischen Zeit“, die vor 90 Jahren mit der Machtergreifung Adolf Hitlers ihren verderblichen Anfang nahm, am liebsten vergessen oder zumindest verdrängen. Aber es zeigt sich immer wieder, dass dieses unliebsame Erbe deutscher Geschichte nach wie vor präsent ist und leider immer wieder erneut aktuell wird. Besonders dann, wenn Falschdarstellungen der NS-Zeit Verbreitung finden, wenn durch Unwissenheit, Oberflächlichkeit oder auch bewusste Intention dieses Thema erneut aufrüttelt und nach Korrektur verlangt, zu einer Debatte führt, um die historische Wahrheit als Erinnerungskultur zu bewahren. So geschehen im Januar 2023, als mit der Veröffentlichung eines Artikels unter der Überschrift „Stadtgeschichtliche Anekdoten -Vor 90 Jahren Bürgermeister nach Machtergreifung des Amtes enthoben“ (die Radeberger, 04/2023 v. 27.1.2023) eine Diskussion zu den Inhalten unumgänglich wurde. Diese Thematik, von dem Autor als Kurzbeitrag veröffentlicht, erschien zu einem historischen Zeitpunkt, als vor genau 90 Jahren am 30. Januar 1933 der Reichspräsident Paul von Hindenburg die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler vornahm – womit die historische Wegbereitung für den deutschen Faschismus unter Führung einer Koalitionsregierung von NSDAP, DNVP und „Stahlhelm“ ermöglicht wurde. Laut versprochener Überschrift wäre für Leser nun zu erwarten gewesen, dass diese Ereignisse im Zusammenhang mit den stadtgeschichtlichen Vorkommnissen des im Jahr 1933 beginnenden und herrschenden NS-Terrors in Radeberg kommentiert worden wären. Aber dem erstaunten, aufmerksamen Publikum mit etwas Geschichtskenntnis wurde ein anderes Szenario geboten, welches, weit entfernt der überlieferten Wahrheit, sehr an NS-Propaganda erinnerte. In einem Leserbrief wurde deshalb die kritische Frage an den Autor gestellt „Nur Oberflächlichkeit?“ (die Radeberger, 06/2023 v. 10.2.2023), worauf dieser, bemerkenswert unkontrolliert und in unsachlicher Art und Weise mit einem „Kommentar zu dem Angriff“ antwortete (die Radeberger 07/23 v. 17.2.23), dabei aber offenlegte, dass sein „…Artikel ist eine zusammengefasste originalgetreue Wiedergabe von Beiträgen der Radeberger Zeitung aus dem Jahr 1933, ebenso, wie beschrieben, trugen sich die Ereignisse laut Quelle zu.“

So viel zugegebene Unbedarftheit, solch ein unglaublich lascher Umgang mit Zeitgeschichte, soviel Nichtdenken, besonders auch noch bei solch brisantem Thema wie der NS-Zeit – das kann man nur noch als unakzeptabel bezeichnen und auch nicht unkommentiert stehen lassen. Deshalb erfolgte nun ein nochmaliger Leserbrief durch die Kritikerin mit dem Hinweis, dass sich nun, mit diesem „Geständnis“ des Autors über seine Quellen, ihr Anfangsverdacht seiner verbreiteten Unwahrheit bestätigt hat – sein ursprünglicher Artikel enthält NS-Inhalte einer Zeitung, die 1933 bereits unter Kontrolle und Zensur der Nationalsozialisten stand und gelenkt wurde – solche Verbreitungen kann man nicht unkommentiert übernehmen, da sie nicht der Wahrheit entsprechen.

 

Hiermit der ausführliche und abschließende Artikel:

Unverantwortlich: Autor übernimmt „originalgetreue Beiträge“ aus einer Radeberger Zeitung der NS-Zeit 1933 und veröffentlicht diese tendenziösen Inhalte von NS-Gedankengut als Wahrheit 2023 in der Heimatzeitung „die Radeberger“, der als Kurzform im Leserbriefkasten der „die Radeberger“ (09/ 3.3.2023) erschienen und hier als ungekürzter Beitrag in voller Länge nachlesbar ist.

Chronologisch geordnet können Sie die einzelnen Etappen des „Disputs“ lesen und sich ein Meinungsbild machen.

 

Ich bedanke mich für Ihr Interesse!

Renate Schönfuß-Krause

3. März 2023

 

Allen interessierten Lesern an Radeberger Geschichte kann ich zu diesem Thema das wirklich wertvolle Buch empfehlen (bei Google lesbar):

„Radeberger Land unter dem Hakenkreuz“ - PDF Free Download:

http://aardb.blogsport.de/images/RadebergerLandunterdemHakenkreuz.pdf

(Autorengruppe unter Leitung von Prof. Dr. Helfried Wehner, Herausgeber: Bund der Antifaschisten, Region Dresden e.V., 1998)

 

Hier folgen der Artikel aus der Radeberger Zeitung vom 27.1.2023 sowie die originalen Leserbriefe zu diesem Vorgang (chronologisch geordnet), zum Lesen bitte anklicken:

 

Ausführliche Antwort von R. Schönfuß-Krause (konnte aus Platzgründen nur in gekürzter Form in der Zeitung veröffentlicht werden) auf „Leserbrief“ bzw. Kommentar des Autors (die Radeberger Nr. 07/23 v. 17.2. 2023), Fortsetzung von:

„Stadtgeschichtliche Anekdote – Vor 90 Jahren – Bürgermeister nach Machtergreifung des Amtes enthoben“

 

 

Unverantwortlich: Autor übernimmt „originalgetreue Beiträge“ aus einer Radeberger Zeitung der NS-Zeit 1933 und veröffentlicht diese tendenziösen Inhalte von NS-Gedankengut als Wahrheit 2023 in der Heimatzeitung „die Radeberger“

 

Bei dem Autor möchte ich mich für seinen, in jeder Hinsicht, aufschlussreichen Leserbrief „Kommentar zu R. Schönfuß-Krauses Angriff“ (17.2.23) bedanken, mit dem er einen unnachahmlichen Einblick in seine gesamte Denkweise vermitteln konnte. Gleichzeitig offenbarte er jetzt mit seinem „Kommentar“, dass sein veröffentlichter Artikel „Stadtgeschichtliche Anekdoten - Vor 90 Jahren – Bürgermeister nach Machtergreifung des Amtes enthoben“, auf originalübernommenen Inhalten von Beiträgen aus Radeberger Zeitungen des Jahres 1933 beruht [Zitat]: „Der Artikel ist eine zusammengefasste originalgetreue Wiedergabe von Beiträgen der Radeberger Zeitung aus dem Jahr 1933, ebenso, wie beschrieben, trugen sich die Ereignisse laut Quelle zu“. Da er ohne Nachzudenken diese von ihm übernommenen, unkommentierten Textinhalte aus der Zeit des Nationalsozialismus offensichtlich als „Quellen-Wahrheit“ darlegt und damit ein falsches Bild der Wirklichkeit übermittelt, sich auch nach meinem kritischen Leserbrief „Nur Oberflächlichkeit?“ (9.2.2023) nicht davon distanzierte, muss davon ausgegangen werden, dass er bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch nicht die wirkliche Tragweite und auch grobe Fahrlässigkeit seiner Textveröffentlichung mit NS-Inhalten erkannt hat. Oder uns glauben machen möchte. Er legt selbst eindeutig offen: Die Beiträge wurden als „originalgetreue Wiedergabe“ veröffentlicht. Damit hat er Beiträge der Radeberger Zeitung von 1933, die natürlich seit der Machtübernahme Hitlers bereits unter Zensur des NS-Systems und dementsprechend politisch „Frisiert“ waren, unkommentiert im Januar 2023 in der Heimatzeitung „die Radeberger“ als wahrheitsgemäße Darstellung damaliger Ereignisse veröffentlicht. Soviel „Oberflächlichkeit“ ist fast unglaublich, so etwas darf nicht passieren!

Der entstandene Disput erhält damit eine neue Dimension. Die von der Kritikerin in dem Leserbrief aufgeworfene Frage „Nur Oberflächlichkeit?“ stellt sich also hiermit als sehr berechtigte Kritik heraus und brachte als Wahrheit an den Tag, dass der Beitrag des Autors, wie bereits vermutet, NS-Gedankengut beinhaltet. Sein Beitrag musste bei aufmerksamen Lesern mit den einseitig dargestellten Inhalten unweigerlich Fragen aufwerfen und war in der Aussage eindeutig tendenziös zu bewerten. Unklar war bis dahin nur, ob diese Inhalte durch Unwissenheit, Oberflächlichkeit oder Intention verbreitet wurden. Es stellt sich jetzt jedoch die Frage: Ist eine solche Umgangsweise der unkommentierten Veröffentlichung von NS-Schriftgut nun nur als Oberflächlichkeit oder bereits als Fahrlässigkeit einzustufen? Und, wie und wo ist solch ein „Autor“ einzustufen und einzuordnen?

 

Wo bleibt hier die geschichtliche Verantwortung eines Autors?

Damit werden natürlich auch die einseitigen Darstellungen der Ereignisse in dem Artikel des Verfassers erklärbar, der nicht nur unprofessionell die Kennzeichnung übernommener Texte nicht vornahm und diese Inhalte nicht kommentierte, sondern fremdes Textmaterial von 1933 unter seinem Namen veröffentlichte. Diese tendenziösen Inhalte damaliger NS-Propaganda durch ihn 2023 in der „Unabhängigen Heimatzeitung ‚die Radeberger‘“ veröffentlicht, werden damit 90 Jahre nach den Ereignissen als „zusammengefasste originalgetreue Wiedergabe“ als „Wahrheit“ verbreitet. Entgegen den Bemühungen der Wahrheitsverbreitung durch verantwortungsvolle Autoren, wird hiermit eine geschichtliche Unwahrheit an die heutige, verständlicherweise größtenteils unwissende Generation junger Leute verbreitet. Diese Vermittlung und Verbreitung von Unwahrheit, von Falschaussagen - das macht wirklich sprachlos, da sich damit zeigt, dass sich der Verfasser der großen Verantwortung eines Autors in keiner Weise bewusst zu sein scheint. Nachdenken über Zusammenhänge, was für solch einen Beitrag mit unerlässlichem Recherchieren verbunden sein muss, egal ob es sich um einen Kurzbeitrag oder einen umfangreicheren größeren Artikel handelt, scheint unbekannt zu sein. Oder wird bewusst vermieden? Eigentlich hätte ihm doch in den abgeschriebenen Texten die totale, einseitig geprägte Steuerung der Inhalte sofort auffallen müssen, die eine nationalistische Einflussnahme vermuten ließ - z. B. kein Wort über das Unrecht der brutalen bewaffneten Besetzung des Rathauses, kein Wort über die Leistungen des zu Unrecht abgesetzten Bürgermeisters Otto Uhlig (SPD), auch die auffällige und abwertende Bezeichnung „Parteibuchbeamter Brückner“ über einen verdienten Sozialdemokraten und SPD-Stadtrat war nicht zu übersehen und stellt sich nun, nach Offenlegung der Quellen durch den Autor, natürlich eindeutig als NS-Jargon für diesen tüchtigen Mann heraus, der später 1947 zum ersten Bürgermeister und ab 1948 Landrat von Löbau aufstieg. Kein Wort auch in dem Artikel bei Schilderungen der Neubesetzung der Ämter im Rathaus, dass diese nur noch mit NSDAP-Mitgliedern besetzt wurden, bis hin zu der Märchenerzählung, dass aus 52 hochrangigen Bewerbern für das Amt des Bürgermeisters als Bester der Weitgereiste und 4 Sprachen beherrschende Otto Rasch ausgewählt wurde (Erz-Nazi und späterer Einsatzgruppen-Kriegsverbrecher, verurteilt im Nürnberger Nachfolgeprozess 1948). Auch hier wieder kein Hinweis auf NSDAP-Hintergrund bei seiner Wahl – sehr verwunderlich, wenn diese Wortwahl, dieses Weglassen oder Verschweigen wichtiger erläuternder Fakten zur Kenntlichmachung einer Situation einem Autor nicht auffällt. Der auch noch, anstatt ein Foto des legendären Bürgermeisters Otto Uhlig in seinem Artikel zu platzieren, was entsprechend seiner Überschrift unumgänglich gewesen wäre, das Kriegsverbrecherfoto des Otto Rasch veröffentlicht. Warum? Man weiß einfach nicht, wie man es bewerten und zuordnen soll! (s. Ausführungen „Nur Oberflächlichkeit?“). Oder vielleicht doch?!

 

Mangelnde Sprachkultur und die Keule gegen Verstand, Wissen und Wahrheit

Ich gebe es nach dem aufmerksamen Lesen des „Kommentars“ des Autors zu meinem kritischen Beitrag „Nur Oberflächlichkeit?“ gern zu: Neu war für mich, dass der bisher gängige Jargon gängiger sozialer Netzwerke als neue „Sprachkultur“ durch ihn jetzt offensichtlich auch in der Heimatzeitung „die Radeberger“ Einzug halten durfte. Damit hielt natürlich auch der Geist einer sich in diesen Netzwerken zunehmend ausbreitenden Unkultur Einzug, wo es zur „coolen Umgangsform“, entsprechend des Niveaus einzelner Teilnehmer, gehört, nicht erst lange über sachliche Kritik nachzudenken, sondern, wenn eigene Argumente fehlen, Informationen nicht verstanden werden oder man sich bei seinem eigenen Bullshit ertappt sieht, sofort unliebsame Kritiker*Innen in zumeist rüder Sprachform persönlich anzugreifen und sie in Misskredit zu bringen. Also die typische Haltung einer Steinzeitkultur: Keule gegen Verstand, Wissen und Wahrheit! Psychologen sehen diese Form der Kommunikation vor allem zunehmend bei Menschen, die mit einem übersteigerten Selbstwertgefühl ausgestattet sind und sich bei Kritik sofort ein regelrechtes „Feindbild“ aufbauen. Wie das eingesetzte Imponier-Vokabular des Verfassers in seinem „Kommentar“ zu bewerten ist, bleibt also jedem Leser selbst überlassen, denn der Autor bewertet nichts als „Kritik“ an seinem Artikel, sondern sofort ungebremst und bösartig „R. Schönfuß-Krauses ‚Angriff‘,… ‚Attentat‘,… ‚Attacke‘,… ‚Anschlag‘,… ‚Pamphlets‘ auf einen meiner Artikel…“, wobei es ihm freundlichst zu empfehlen wäre, vor dem Einsatz solchen Vokabulars unbedingt dessen Begriffsbestimmung zu Googeln – bevor es so peinlich wird wie in seiner Überschrift „Stadtgeschichtliche Anekdoten - Vor 90 Jahren (…)“. Offenbar kannte der Autor, obwohl er seiner Kritikerin großspurig empfahl, doch seine Überschrift zu lesen, diese scheinbar selbst nicht oder er wusste wiederum nicht, was sich hinter einer „Anekdote“ verbirgt und was ein Leser von einer Anekdote erwartet? Ihm war es sichtbarlich unbekannt, dass es sich dabei um eine kleine lustige Geschichte zu einer berühmten Persönlichkeit mit einem Witz, einer Pointe am Ende handeln musste! Dieser angekündigte Witz wurde vergeblich gesucht. Vergeblich ebenfalls die passende Bildgestaltung und die Textinhalte zu seiner Überschrift – damit insgesamt ein Beitrag, den man den Lesern besser erspart hätte mit der Bewertung „Am Thema vorbei“.

 

Die große Verantwortung der Autoren für die Vermittlung der Wahrheit – auch an zukünftige Generationen

Liest man den „Kommentar“ des Autors aufmerksam, kommt man bei der Analyse seiner dargelegten Inhalte über die Ereignisse nach der Machtergreifung in Radeberg ab März 1933 zu dem Ergebnis, dass er offenbar wirklich nicht reflektiert oder reflektieren will, um welche thematischen Inhalte es bei der Debatte eigentlich wirklich geht. Seine Ausführungen entsprechen dem Slogan „Er weiß, dass er nichts weiß“ – ergo kann er auch alles schreiben und gefundene Texte variabel verwenden. Dass dies so ist, kann man bereits aus nur einem Satz erkennen, mit dem er die kritischen Ausführungen „Nur Oberflächlichkeit?“ der Kritikerin negiert, indem er schreibt: „Ich jedenfalls, halte einen Großteil Ihrer Aussagen für unnötig und überflüssig.“ Ja, hätte er die Aussagen mal besser richtig gelesen und nachgedacht. Beim Nachdenken wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass etwas an der Vermutung eines tendenziösen Hintergrundes seiner Niederschrift mit der Herkunft seiner Quellen zusammenhängen könnte. Das berühmte „Denken“ natürlich vorausgesetzt. Er weiß offenbar ebenfalls nicht, dass er bei solch einem brisanten Thema wie NS-Zeit, Machtergreifung Hitlers und dazugehörige Zeitgeschichte mit Terror, Zensur der Medien, Machtmissbrauch des NS-Regimes mit sogenannten Säuberungsaktionen u. u. u. nicht einfach Zeitungsinhalte aus jener Zeit unkritisch übernehmen und veröffentlichen darf, die er glaubt als „Wahrheit“ verbreiten zu müssen? Erkennt er wirklich nicht, dass er der „geschätzten Leserschaft“ eine manipulierte NS-Version von 1933 präsentiert? Dass er die von dem NS-Regime diktierten Unwahrheiten veröffentlicht und damit salonfähig macht? Und dass er damit der damaligen Geschichtsfälschung eines NS-Unrechtsstaates eine erneute Plattform gibt?

Was jedoch das Allerschlimmste ist – als Plattform für diese Veröffentlichung benutzt er die sich als „Unabhängige Heimatzeitung“ bezeichnende „die Radeberger“, die das Image der Stadt repräsentiert. Es ist ihm offenbar gleichgültig, dass er mit der Veröffentlichung falscher Inhalte aus NS-gesteuerten Zeitungen von 1933 nicht nur die Zeitungsredaktion, sondern ebenfalls auch die Stadtverwaltung Radeberg der Gefahr einer Kritik aussetzen könnte, wenn in dieser Radeberger Zeitung Falschinformationen mit NS-Gedankengut über geschichtliche Ereignisse verbreitet und popularisiert werden. Das ist unverantwortlich!

Es verwundert deshalb auch nicht, dass er bei der sachlich verfassten Kritik „Nur Oberflächlichkeit?“, deren anfängliche Fragen und Vermutungen sich nun in der Zwischenzeit durch ihn selbst einhundertprozentig als Tatsachen bestätigt haben, dass er dennoch nicht den Kontext zwischen diesen gestellten Fragen und seinen eigenen verwendeten Quelleninhalten von 1933 erkennt [Zitat]: „Der Artikel ist eine zusammengefasste originalgetreue Wiedergabe von Beiträgen der Radeberger Zeitung aus dem Jahr 1933, ebenso, wie beschrieben, trugen sich die Ereignisse laut Quelle zu“. Mit Verlaub - das ist schon echt nicht zu fassen! Aber es geht ja weiter. Er verkündet voller Stolz „Persönliche Befindlichkeiten, wie die Abneigung gegen den Nationalsozialismus, habe ich nicht in den Artikel einfließen lassen, da ich Wert auf eine pragmatische Wiedergabe von Tatsachen lege.“

Er weiß wiederum nicht, wovon er da so geschwollen spricht!

Auch wenn er schreibt: „(…) es ging um nichts anderes, als eben die damaligen Umstände der geschätzten Leserschaft der Radeberger Zeitung (der heutigen Heimatzeitung!) kurz und bündig zu skizzieren.“ Oder bei seiner selbst gestellten Frage, was er sich als Autor gedacht haben könnte, beantwortet er diese: „Nun, bis auf die Weitergabe von Informationen nicht viel.“ Daran zweifelt sicherlich nun wirklich keiner mehr!

Und sofort verfällt er in selbstgefälliges Eigenlob, welches denjenigen zu eigen ist, die ihre Leistung nicht einschätzen können: „Ich gehe auch davon aus, dass 99% der Leser meines Artikels keinen Anstoß daran genommen haben, sich höchstens an der kleinen Wissensbereicherung erfreuen konnten.“ Ja bitte schön, an welcher Wissensbereicherung eigentlich bei diesen NS- Darstellungen im Text?

Es ist für mich als Autorin wirklich erschreckend, weil man an diesen Beispielen ersieht, dass er offenbar nicht weiß, worum es bei diesem Disput überhaupt geht. Er erfasst nicht, dass er ohne nachzudenken nicht nur gesteuertes NS-Propaganda-Material übernommen und kommentarlos verbreitet hat, sondern bis jetzt immer noch nicht durchschaut, dass es sich bei seinen Ausführungen nicht um die Schilderungen „wahrheitsgetreuer Zustände“ handelt, sondern um die unter Zensur und Zwang des NS-Regimes entstandenen Beiträge einer längst nicht mehr freien Presse von 1933. Offensichtlich weiß er auch nicht, dass seit der Machtübernahme 1933 alle Medien, also auch die Berichterstattung der damaligen Radeberger Zeitung, nicht mehr unabhängig waren und bereits der Zensur des NS-Regimes unterstanden? Dass Verleger und Redakteure bereits in verständlicher ständiger Angst vor Übergriffen und Verboten lebten, da die Dresdner, Freitaler, Freiberger und Pirnaer Volkszeitungen bereits im März 1933 vorübergehend verboten worden waren?

Nichts zu Wissen und damit Falschwissen zu verbreiten – das ist sträfliche Fahrlässigkeit!

 

Die Verantwortung der Schreibenden – auch für das Image der Stadt Radeberg

Ist sich der Schreiber seiner großen Verantwortung als Autor überhaupt bewusst? Ich denke, das kann man mit einem eindeutigen „Nein“ beantworten, wenn er auch am Ende seines Kommentars verkündet: „Auch ist nichts Gefährliches an meinem Artikel zu erkennen, man nimmt ihn zur Kenntnis, oder eben nicht.“ Solch eine Einstellung macht betroffen und sprachlos zugleich und zeigt, dass er es mit der Wahrheit nicht sehr genau nehmen kann, handelt es sich doch bei diesen „übernommenen Texten“ um regelrechte Fälschungen der damaligen Tatsachen und Verharmlosung der politischen Vorgänge. „Das Böse“ begann in der Welt immer mit Worten, Verdrehungen der Tatsachen, mit Falschmeldungen, Lügen, Halbwahrheiten. In der Branche verantwortungsbewusster Autoren und Schriftsteller gibt es nichts Schlimmeres, als Fehlinformationen, irreführende, gefälschte oder auch nur ungeprüfte Informationen in Schriftform weiterzugeben. Der Autor ist sich offenbar überhaupt nicht bewusst darüber, dass er mit der unkommentierten Wiedergabe seiner „originalgetreuen Beiträge von 1933“, als angebliche Quellenwahrheit, nicht die wirkliche Wahrheit der damaligen Zustände veröffentlicht und verbreitet, sondern nationalsozialistische Lenkung und Einflussnahme. Ein Gedankengut, welches ab der Machtergreifung Hitlers sofort mit nationalsozialistischen „Säuberungsaktionen“ begann, mit der Vertreibung von Bürgermeistern und Beamten aus jeglichen Ämtern, Inhaftierung Andersdenkender, Verbot von Parteien, Organisationen und Vereinen, die nicht nationalsozialistisch waren, bis hin zur Verfolgung und grausamen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und weiterer Bevölkerungsschichten und Minderheiten.

Dem Autor kommt offenbar bis heute nicht in den Sinn, dass er diese Berichte von 1933 nicht kommentarlos übernehmen durfte? Dass Autoren eine große Verantwortung tragen für die Vermittlung der Wahrheit an die nächsten Generationen? Und dass er als Schreibender große Verantwortung trägt, auch für die geschichtliche Wahrheitsfindung für die Stadt Radeberg und damit für deren Image?

Das gilt natürlich ebenso für Zeitungsredaktionen, die sich ihrer großen Verantwortung bei Veröffentlichungen durch die Reichweite ihres Mediums bewusst sein sollten und die ihre Arbeit, auch im Hinblick versuchter Einflussnahme von außen, mit der Warnung prüfen sollten:

                                     „Wehret den Anfängen!“

 

Allen interessierten Lesern kann ich zu diesem Thema nur das wirklich wertvolle Buch empfehlen (bei Google lesbar):

„Radeberger Land unter dem Hakenkreuz“ - PDF Free Download:

http://aardb.blogsport.de/images/RadebergerLandunterdemHakenkreuz.pdf

(Autorengruppe unter Leitung von Prof. Dr. Helfried Wehner, Herausgeber: Bund der Antifaschisten, Region Dresden e.V.)

 

Renate Schönfuß-Krause

 

19. Februar 2023


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